Den aktuellen Zahlen des Internetportals netztransparenz.de zufolge zeigte sich die Preislage an den Strombörsen zum Jahresbeginn recht stabil. Im Monat Februar 2023 habe es keine sogenannten negativen Preise gegeben. Sie verstehen nur Bahnhof? Kein Problem! Wir informieren Sie in diesem Beitrag zu den aktuellen Strommarktpreisen. Zudem liefern wir Ihnen 14 Fakten, die Sie zum Stromhandel an der Strombörse wissen müssen (F&A), damit Sie Begriffe wie Marktwert, Spotmarktpreis und negativer Strompreis verstehen und künftig mitreden können, wenn Strombörse und Strompreise diskutiert werden – ganz gleich, ob Sie als Anlagenbetreiber in die Direktvermarktung Strom einsteigen wollen oder sich einfach nur fürs Thema interessieren. Los geht’s!
Bevor es gleich um die aktuelle Preislage an den Strombörsen geht, versorgen wir Sie zunächst mit dem wichtigsten Hintergrundwissen, damit Sie die Zahlen und Fakten verstehen.
1. Was ist die Strombörse? (Begriffserklärung, Funktionsweise)
Mit dem Begriff „Strombörse“ ist ein Handelsplatz gemeint, der auf ein spezifisches Handelsobjekt spezialisiert ist: An der Strombörse wird elektrische Energie (Strom) gehandelt. Die Strombörse können Sie sich ähnlich vorstellen, wie eine Wertpapierbörse.
2. Welche Strombörsen sind für die Strompreisbildung in Deutschland relevant?
Die deutschen Börsenstrompreise resultieren aus dem Stromhandel an der Energiebörse European Energy Exchange (EEX) mit Sitz in Leipzig. Die Strombörse Leipzig gilt als die größte kontinentaleuropäische Energiebörse. Der sogenannte Handelsindex der EEX heißt Phelix (Physical Electricity Index).
3. Wird der komplette Strom an der Börse gehandelt?
Nein. Mehr als drei Viertel und damit der überwiegende Teil des Stromhandels findet nicht an der Börse statt. Stattdessen erfolgt er als Handel über den Ladentisch (auf Englisch: „over the counter“, OTC-Handel), wobei Stromverkäufer und Stromkäufer direkt miteinander verhandeln und bilaterale Kaufverträge abschließen. Oder sogenannte Brokerplattformen, die ähnlich wie die Börse arbeiten, vermitteln die Kontrakte zwischen den Stromanbietern und den Energieerzeugern. Das ist der sogenannte außerbörsliche OTC-Handel.
4. Von wo stammt der Strom, der an der Leipziger Strombörse gehandelt wird?
Laut Auskunft der EEX kauft die Börse selbst weder Strom, noch verkauft sie diesen. Es handelt sich lediglich um die Handelsplattform, an der die Handelsteilnehmer ihren Strom handeln. Angebot und Nachfrage bestimmen dabei den Strompreis.
Das Teilnehmerfeld mit 585 Handelsteilnehmern aus 37 Ländern sei demnach sehr breit gefächert – neben Energieversorgern und Stadtwerken nähmen auch Industrieunternehmen, Banken, spezialisierte Handelshäuser und Broker am Handel teil (Stand: Ende März 2023).
5. Wie funktioniert die Strombörse?
Strom handeln – das funktioniert so an der Strombörse Leipzig: Gehandelt werden dort Strommengen, die man in der Einheit Megawattstunde (MWh) bemisst. Wobei gilt: 1 MWh entspricht 1.000 Kilowattstunden (kWh) und 1.000.000 Wattstunden (Wh). Damit Sie eine Größenvorstellung bekommen, hilft dieses Beispiel: Ein durchschnittlicher Haushalt mit zwei Personen verbraucht etwa 3,5 MWh im Jahr an Strom. Doch zurück zur Funktionsweise der Strombörse: Die an der Strombörse Leipzig gehandelten Strommengen sind zudem zeitlich begrenzt. Zudem müssen Sie wissen, dass der Strom dort nur elektronisch gehandelt wird. Das bedeutet, dass der Strom virtuell gehandelt wird. Sobald eine bestimmte Strommenge von einem sogenannten Bilanzkreis in einen anderen gebucht wird, gilt die Stromlieferung als physisch erfüllt. Häufig kommt es sogar nur zu einer sogenannten finanziellen Erfüllung, wobei lediglich Preisdifferenzen ausgeglichen werden.
6. Wer darf Strom handeln?
Am Handel dürfen nur Energiekonzerne, Stromanbieter und Großkunden teilnehmen. Das heißt, dass private Stromverbraucher vom direkten Stromhandel an der Strombörse Leipzig ausgeschlossen sind. Die Handelsteilnehmer sind über Handelssysteme (Schnittstellen) an die deutsche Strombörse angebunden und können ihre Gebote für den Stromkauf und Stromverkauf direkt elektronisch übermitteln. Sie müssen demnach nicht vor Ort sein.
Auf der Internetseite der Leipziger Strombörse werden dann diese Gebote (Angebote und Nachfragen) nach festgelegten Handelsregeln automatisch zusammengeführt und die sich daraus ergebenden Handelsmengen sowie Börsenstrompreise veröffentlicht. Gut zu wissen: Sämtliche Angaben zu Stromkäufern und Stromverkäufern bleiben dabei anonym. Auf diese Weise soll ein fairer Handel sichergestellt werden (Stichwort: Gleichbehandlung).
7. Spotmarkt vs. Terminmarkt: Wie unterscheiden sie sich?
Je nachdem, für welchen Lieferzeitraum der Strommengen die Händler ihre Gebote abgeben, kann Strom kann auf zweierlei Märkten gehandelt werden:
entweder auf dem Spotmarkt
oder auf dem Terminmarkt.
Am Spotmarkt wird Strom gehandelt, der kurzfristig lieferbar ist. Die dort abgeschlossenen Handelsgeschäfte werden spätestens zwei Tage nach Geschäftsabschluss physisch erfüllt. Kurzfristigkeit dient der Optimierung der Strombeschaffung und des Stromverkaufs am Markt. Innerhalb der EEX Group organisiert die Börse EPEX SPOT mit Sitz in Paris den kurzfristigen Spotmarkt für Strom. Sie versorgt nicht nur Deutschland, sondern auch Luxemburg, Belgien, Frankreich, die Niederlande, Österreich, das Vereinigte Königreich und die Schweiz mit Strom.
Gut zu wissen: Der Spotmarkt umfasst zwei Teilmärkte: Zum einen den sogenannten Day-Ahead-Markt, zum anderen den sogenannten Intraday-Markt. Auf dem Day-Ahead-Markt handeln die Marktteilnehmer Strom für den Folgetag. Auf dem Intraday-Markt geht es dagegen um Strom, der noch am selben Tag geliefert wird. Im Intraday-Handel sind Geschäftsabschlüsse sogar bis fünf Minuten vor Lieferbeginn machbar.
Auf dem Spotmarkt lässt sich der Strom auf einer 15-minütigen Basis kaufen und verkaufen. Die Produktion von Strom aus erneuerbaren Energieerzeugungsanlagen wie Solarstromanlagen (Photovoltaik-Anlagen, kurz: PV-Anlagen) ist witterungsabhängig und schwankt deshalb stetig. Diese Ertragsschwankungen beeinflussen die Strompreise am Spotmarkt.
Dagegen werden am Terminmarkt der EEX langfristige Stromgeschäfte gemacht: sogenannte Futures. Die entsprechend abgeschlossenen Handelsgeschäfte werden demnach erst zu einem späteren, zuvor vereinbarten Zeitpunkt physisch oder finanziell erfüllt. Die Bezeichnung „Futures“ für solche Stromhandelsgeschäfte resultiert aus der Tatsache, dass der Stromkäufer damit Strom schon vorab zu einem festen Preis einkauft. Interessant: Entsprechende Lieferzeitpunkte können mehrere Jahre in der Zukunft liegen – derzeit bis zu sechs Jahre. Das hat den Vorteil, dass sich beide Seiten – sowohl die Stromeinkäufer als auch die Stromverkäufer – mit diesem Festpreis mittel- bis langfristig gegen Preisänderungen und den damit verbundenen Risiken am Strommarkt absichern. Der der Kunde bekommt mit diesen Jahresverträgen den vereinbarten Preis für jeden Tag über die Vertragslaufzeit hinweg. Somit kann ein Handelsteilnehmer bereits heute einen Preis für Jahre später sichern.
8. Erneuerbare Energien und Stromhandel: Wie hängen sie zusammen?
Die Menge an Strom aus erneuerbaren Energien am Strommarkt nimmt kontinuierlich zu. Im Zuge dessen kommt es zu mehr Preisschwankungen an der EPEX-Strombörse. Der Grund dafür ist der: Windkraftanlagen (WKA) und Photovoltaikanlagen (PVA) erzeugen nur dann erneuerbaren Strom, wenn tatsächlich der Wind weht oder tatsächlich die Sonne scheint. Aufgrund der natürlich wechselhaften Witterung schwankt der Stromertrag, den die Anlagen erwirtschaften. Bei steigendem Anteil des erneuerbaren Stroms am Strommix beeinflussen diese Schwankungen auch den Strommarkt.
Das ist Ihnen zu abstrakt? Dann kommt hier ein konkretes Beispiel: Entspricht beispielsweise die tatsächliche Windmenge nicht den Windprognosen, fällt der Windertrag und damit auch die Stromeinspeisung entsprechend höher oder niedriger als gedacht aus. Sinkt bei einer höheren Einspeisung dann parallel auch noch die Nachfrage nach Strom, fällt der Strompreis für diesen Zeitraum. Dabei kann es sogar zu sogenannten negativen Preisen kommen. Da der Anteil an erneuerbarem Strom im Strommix wächst, ist damit zu rechnen, dass sich derartige Szenarien in Zukunft voraussichtlich häufen. Unternehmen, die am Spotmarkt handeln, könnten davon profitieren.
9. Was sind negative Strompreise?
Von negativen Strompreisen ist immer dann die Rede, wenn Stromnachfrager Geld dafür bekommen, dass sie die Energie abnehmen beziehungsweise verbrauchen. Speist ein Stromproduzent bei einem negativen Preis Energie ins Netz ein, muss er dafür bezahlen. Um in unserem konkreten Beispiel zu bleiben: Wer in Stunden eines Überangebots an Windstrom Strom kauft, bekommt Geld dafür.
10. Was ist die 6-Stunden-Regel?
Um solcher Entwicklung entgegenzuwirken, wurde die sogenannte 6-Stunden-Regel eingeführt: Sie besagt, dass Betreiber Erneuerbarer-Energien-Anlagen für den entsprechenden Zeitraum keine Marktprämie mehr erhalten, wenn der Strompreis sechs oder mehr Stunden kontinuierlich unter der Nullgrenze bleibt, also negativ ist. Mit dieser Regel soll ein Anreiz für Anlagenbetreiber geschaffen werden, diese vorrübergehend abzuschalten.
11. Was ist der Strompreis?
Den Strompreis gibt es gar nicht. Denn Endkunden kriegen einen anderen Strompreis als Gewerbekunden, die mehr Strom verbrauchen, und als Industriekunden, die noch mehr Strom verbrauchen.
Der Strompreis, besser: der Verbrauchsstrompreis, ergibt sich aus mehreren Komponenten:
Stromeinkauf (Erzeugung), Service und Vertrieb
gesetzlich regulierte Netzentgelte (Netznutzung) sowie Kosten für den Stromzähler
staatlich festgelegte Steuern, Abgaben und Umlagen
Wobei in den vergangenen Jahren die staatlich festgelegten Steuern, Abgaben und Umlagen das Gros des Strompreises ausmachten.
12. Wie unterscheiden sich Strompreis (Verbrauchsstrompreis) und Börsenstrompreis?
Auch für Strom gibt es einen Großhandels- und einen Einzelhandelspreis. Ersterer wird an der Strombörse bestimmt, wobei Angebot und Nachfrage ausschlaggebend für die Preisbildung sind.
13. Was ist der Marktwert Strom?
Der Marktwert meint den Wert der produzierten Stromeinheit bei sofortiger Vermarktung. Er resultiert aus dem Stromgroßhandel an der Strombörse.
14. Was ist der technologiespezifische Marktwert?
Wird der Marktwert an einer Stromerzeugungstechnologie (Solar (Photovoltaik), Wind, Wasser, Biomasse) festgemacht, handelt es sich um einen technologiespezifischen Marktwert.
Mit unseren 14 Fakten, die Sie zu zum Stromhandel an der Strombörse wissen müssen (F&A), sind Sie bestens gerüstet, um als Anlagenbetreiber in die Direktvermarktung einzusteigen oder einfach nur in geselliger Runde mitzureden, wenn das Thema Stromhandel oder Strombörse aufkommt. Weiter geht’s wie angekündigt mit:
Aktuelle Trends am Strommarkt
Marktwert Solar erhöht sich marginal auf 12,343 Cent pro Kilowattstunde im Februar
Die Entwicklung an der Strombörse zeigte sich zu Jahresbeginn stabil. Es gab im Februar 2023 keine negativen Preise, berichtet das PV Magazine online, wobei es sich auf Angaben der Internetseite netztransparenz.de beruft.
Für den Februar meldete die Strombörse laut dem PV Magazine einen leichten Aufwärtstrend. Der Spotmarktpreis sei demnach im Schnitt von 11,783 auf 12,831 Cent pro kWh gestiegen. Auch die technologiespezifischen Marktwerte hätten sich dem Bericht zufolge leicht erhöht. Der Marktwert Solar sei binnen Jahresfrist von 12,291 auf 12,343 Cent pro kWh angewachsen. Die Marktwerte für Windkraft an Land und auf See hätten mit 10,620 und 11,051 Cent pro KWh ebenfalls über den Werten des Vormonats Januar gelegen.
Während es im Januar 2023 gleich zu Neujahr noch eine 14-Stunden-Periode mit negativen Strompreisen gegeben hätte, seien im Februar keine Stunden mit negativen Strompreisen verzeichnet worden.
Diese Entwicklung der Börsenstrompreise spricht sehr für die Ankündigung Habecks, die Erlösabschöpfung für Anlagen größer ein Megawatt (MW) im Juni 2023 auslaufen zu lassen (wir berichteten).
Ressourcen:
Strombörsen: Wie funktioniert der Energiehandel?
Strombörse
Was ist eine Megawattstunde / MWh?
Was sind negative Strompreise?
Strombörse - Preisentwicklung am EPEX-Spotmarkt bis Februar 2023
Marktwert Solar: Höhe, Berechnung & Alternativen