Sie sind Betreiber einer Anlage zur Erzeugung von erneuerbarem Strom und planen, in die Direktvermarktung einzusteigen? Ganz gleich, mit welcher Erzeugungstechnologie Ihre Anlage läuft – Solarenergie (Photovoltaik), Windenergie, Biogas, Wasserkraft oder KWK – Sie sollten wissen, welche Punkte im Vertrag Direktvermarktung Strom unbedingt stehen müssen.
Bevor wir gleich auf die einzelnen Punkte im Direktvermarktungsvertrag Strom eingehen, die keinesfalls fehlen dürfen, erklären wir Ihnen kurz & knapp, was Direktvermarktung ist, was Sie Ihnen als Anlagenbetreiber bringt und ob sie als Kür oder Pflichtprogramm auf Sie zukommt. Damit sind Sie dann ausreichend im Bilde, um tief in den Direktvermarktungsvertrag einzusteigen
Was ist Direktvermarktung? (kurze Begriffserklärung, Definition)
Bei der Direktvermarktung geben Sie als Stromerzeuger Ihren erneuerbaren Strom nicht an einen Netzbetreiber ab, sondern vermarkten diesen entweder selbst direkt an der Strombörse beziehungsweise lassen ihn dort von einem entsprechenden professionellen Dienstleister erlösoptimiert vermarkten: Sie oder dieser Dienstleister agieren dann Direktvermarkter.
Was bringt die Direktvermarktung?
In Abhängigkeit von der Größe (Leistung) Ihrer Stromerzeugungsanlage bekommen Sie als deren Betreiber bei Direktvermarktung des damit erzeugten Stroms über einen professionellen Direktvermarkter entweder den anlagenspezifischen Erlös, der mit dessen Verkauf erzielt wird, oder den technologiespezifischen Marktwert vom Dienstleister. Zudem gibt’s eine sogenannte Marktprämie für Sie: Die zahlt Ihnen der zuständige Verteilnetzbetreiber. Auch der dienstleistende Direktvermarkter geht nicht leer aus: Er erhält für seine Dienste ein sogenanntes Dienstleistungsentgelt. Das ist ein Anteil des Ertrags, der vom Erlös abgezogen wird.
Direktvermarktung: Ist das ein Kann oder ein Muss?
Seit dem Jahr 2016 ist die Direktvermarktung für Neuanlagen mit einer Leistung ab 100 Kilowatt (kW) gesetzliche Pflicht. Wer seine Anlage vor 2016 in Betrieb genommen hat und/oder wessen Anlage eine geringere Leistung als die genannten 100 kW aufweist, der kann freiwillig direkt vermarkten, muss dies aber nicht tun.
Was gehört in den Vertrag Direktvermarktung Strom?
„Drum prüfe, wer sich ... bindet!“ Die alte Volksweisheit trifft nicht nur auf Eheverträge, sondern auf Verträge aller Art zu – auch auf den Vertrag, den Sie als Anlagenbetreiber zur Direktvermarktung abschließen. Und der gute Rat zur Prüfung gilt nicht nur fürs Kleingedruckte, sondern auch für die groß gedruckten Vertragsabschnitte.
Der gemäß dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) abgeschlossene Vertrag zur Direktvermarktung wird auch EEG-Direktvermarktungsvertrag genannt. Er ist für beide Vertragspartner, einerseits Sie als Anlagenbetreiber und andererseits der professionelle Direktvermarkter, wichtig: Denn der EEG-Direktvermarktungsvertrag Strom bildet die Grundlage dafür, dass Sie Ihre Anlage wirtschaftlich betreiben können – oder anders ausgedrückt: Dass sich deren Betrieb rechnet. Für den Direktvermarkter ist der Vertrag wichtiger Teil seines Vermarktungsmodells. Grundsätzlich ist der Gestaltungsspielraum, den Anlagenbetreiber und Direktvermarkter haben, um die vertraglichen Bedingungen zur Direktvermarktung festzulegen, groß.
Daher haben Anlagenbetreiber wie Direktvermarkter ein Interesse daran, wie die Risikoverteilung im Vertrag erfolgt.
Richtiger Umgang mit Schadensrisiken beim Abwickeln von Direktvermarktungsverträgen
Sie müssen wissen, dass das Abwickeln von Direktvermarktungsverträgen unterschiedliche Schadensrisiken birgt. So würden bei einem kompletten Ausfall der Stromerzeugung oder auch schon bei einer nur teilweisen Minderung der Einspeisemenge, zum Beispiel infolge von Störungen des Netzbetriebs oder im Zuge von Maßnahmen des Einspeisemanagements, sowohl die Erlöse aus der Vermarktung als auch die EEG-Förderung entfallen.
Zudem kommt es dann in der Regel zu einem Schaden in Höhe der (störungsbedingt ausbleibenden) Marktprämienzahlungen, wenn die Fördervoraussetzungen nicht erfüllt werden. Auch bestimmte Verstöße gegen das EEG können eine Minderung oder gar den Wegfall der EEG-Förderung nach sich ziehen. Andere mögliche Schadensszenarien ergäben sich beispielsweise dann, wenn die eingespeiste Strommenge einer EEG-Anlage von der Prognose abweicht, wenn es zu einer „ungewollten“ Ummeldung in die Einspeisevergütung gemäß Paragraf 38 EEG 2014 oder zu einer nicht ordnungsgemäßen Bilanzkreiszuordnung seitens des Netzbetreibers käme.
Anlagenbetreiber vs. Direktvermarkter: Wer trägt welches Risiko im Direktvermarktungsvertrag, wer haftet wofür?
Wie Sie die Pflichten im Direktvermarktungsvertrag zwischen sich als Anlagenbetreiber und dem Direktvermarkter aufteilen, ist ausschlaggebend dafür, wer welche Risiken trägt und wer für welche etwaigen Schäden aufkommt. Deshalb sollten Sie auf jeden Fall die folgenden Leistungspflichten und Leistungsfreistellungen im Direktvermarktungsvertrag Strom stehen haben:
- Art und Umfang der Stromlieferung aus Ihrer EEG-Anlage (entweder nach Liefer-„Fahrplan“ oder unstrukturiert, also „geliefert wie erzeugt“),
- kaufmännisch-bilanzielle Abnahme und Vermarktung des gelieferten Stroms seitens Ihres Direktvermarkters (insbesondere Bilanzierung des EEG-Stroms in einem sogenannten sortenreinen Bilanzkreis),
- Einhaltung der Fördervoraussetzungen,
- Vergütung der Stromlieferung und der Vermarktungsdienstleistung (auch zur Abwicklung der Marktprämie mit dem Netzbetreiber), Vergütung sogenannter Ausfallarbeit, Zuordnung von Härtefallzahlungen,
- Einhaltung sanktionsbewehrter Vorschriften des EEG,
- Mitteilungs- und Meldepflichten gegenüber dem Netzbetreiber und sonstige in Frage kommende Meldepflichten (zum Beispiel nach REMIT, also nach der Verordnung EU Nr. 1227/2011 über die Integrität und Transparenz des Energiegroßhandelsmarkts (auf Englisch: „Regulation on Wholesale Energy Market Integrity and Transparency"), die der Bekämpfung von Insider-Handel und Marktmanipulation auf dem Energiegroßhandelsmarkt dient,
- Informationspflichten und Datenübermittlung zwischen den Parteien,
- unter Umständen Verfügbarkeit der Anlage,
- gegebenenfalls Bestimmungen zur Regelenergievermarktung
Im Direktvermarktungsvertrag Strom sollten Sie zudem klar regeln, wann sogenannte Leistungsfreistellungen greifen, zum Beispiel bei Einwirkung höher Gewalt, bei Störungen des vorgelagerten Netzes oder sonstigen genutzten Infrastrukturen, Einspeisemanagement und Maßnahmen nach §§ 13 und 14 EnWG.
Achten Sie auch auf die Haftungsbeschränkungen und Vertragsstrafen!
Beide vertragsschließenden Parteien können im EEG-Direktvermarktungsvertrags die Haftung vertraglich beschränken, vorausgesetzt, Sie beachten die AGB-rechtlichen Vorgaben der §§ 305ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) und die komplexe Judikatur des Bundesgerichtshofes (BGH) zum AGB-Recht.
Fakt ist, dass ein Direktvermarktungsvertrag nicht unbedingt mit einem herkömmlichen Energieversorgungsvertrag vergleichbar ist. Denn er enthält Besonderheiten, unter anderem die, dass der Abnehmer des Stroms gewöhnlich der Verwender der AGB ist. Prüfen Sie deshalb genau, inwieweit die Rechtsprechung des BGH sachgerecht auf den Direktvermarktungsvertrag zutrifft.
Es macht mitunter Sinn, im Direktvermarktungsvertrag gewisse Vertragsstrafen festzuschreiben, vor allem hinsichtlich der Pflichten. Denn für die Wirtschaftlichkeit des Vertrags ist es zwar wichtig, dass diese eingehalten werden – aber wenn das nicht passiert, lässt sich der Schaden nur schwer oder gar nicht bestimmen.
Direktvermarktungsvertrag Strom – Muster: Das gehört hinein!
Im Folgenden zeigen wir Ihnen Punkt für Punkt auf, welche Inhalte im Direktvermarktungsvertrag nicht fehlen dürfen:
1. Titel
Klären Sie bereits in der Vertragsbezeichnung, worum es geht: „Vertrag über die
Direktvermarktung von Strom aus erneuerbaren Energien“.
2. Vertragsparteien
Führen Sie dann beide Vertragspartner auf, also sich selbst als Anlagenbetreiber (auch Kunde genannt) und den Direktvermarkter und geben Sie zu beiden jeweils die komplette Adresse an.
3. Stromlieferung
Hier gilt es zu erklären, dass Sie als „Kunde“ ein Anlagenbetreiber im Sinne von § 3 Nr. 2 EEG 2021 und ein Unternehmer i. S. v.§ 14 BGB sind und zum Zweck der geförderten Direktvermarktung gemäß § 2 Abs. 2 EEG 2021 i. V. m. den §§ 19 bis 24 EEG 2021 während des Vertragszeitraums den in der Stromerzeugungsanlage, die gegebenenfalls in einer Anlage zum Vertrag näher beschrieben und im Direktvermarktungsvertrag kurz Erzeugungsanlage genannt wird, erzeugten und ins Netz der allgemeinen Versorgung eingespeisten Strom an den Direktvermarkter liefern.
4. Vergütung
In diesem Punkt muss erklärt werden, wie die Stromlieferung seitens des „Kunden“ vergütet wird. Sowohl die Zahlungsweise, zum Beispiel monatlich, als auch die Zahlungshöhe pro ins öffentliche Netz eingespeiste Megawattstunde (MWh) muss festgelegt werden. Für letztere kommt folgende Formel zum Einsatz:
V = E * MW – D
Wobei V die auf zwei Nachkommastellen gerundete monatliche Nettovergütung in Euro ist. E entspricht der monatlich ins Netz der allgemeinen Versorgung eingespeisten Strommenge in MWh. W meint den technologiespezifischen Monatsmarktwert in Euro/MWh, der auf der Internetseite www.netztransparenz.de veröffentlicht wird. D schließlich ist das Vermarktungsentgelt des Direktvermarkters.
Zudem werden hier weitere Zahlungsmodalitäten aufgezeigt, unter anderem, wann die Pflicht zur Zahlung der Vergütung einsetzt: zum Beispiel mit dem tatsächlichen Direktvermarktungsbeginn. Außerdem muss festgelegt werden, ob die in diesem Vertrag und den Anlagen genannten Preise Nettopreise sind, auf die dann noch die gesetzliche Mehrwertsteuer zu entrichten ist, oder Bruttopreise.
5. Vergütungsänderungen
Auch für den Fall, dass Daten zur Erzeugeranlage wie die elektrische Nennleistung oder der Eigenverbrauch, die dem Vertrag als Anhang beigefügt sind, falsch sind oder sich während der Vertragslaufzeit deutlich geändert haben, muss vorgesorgt werden. Denn damit ändert sich auch die Nettovergütung. Hier sollte daher erklärt werden, wie der Kunde von der Vergütungsänderung fristgerecht erfährt und auf die Veränderungsmitteilung fristgerecht reagieren kann (Einverständnis oder Widerspruch).
6. Bilanzkreisanmeldung
Dieser Punkt klärt über die Modalitäten der Bilanzkreisanmeldung auf. Dabei geht es um die für die Bilanzkreiszuordnung der Marktlokations-IDs gegenüber dem Netzbetreiber erforderlichen Wechselprozesse, die der Direktvermarkter gemäß § 21c EEG 2021 zu den vom Netzbetreiber
vorgegebenen Fristen zur An- beziehungsweise Ummeldung, zuzüglich einer Vorlaufzeit von fünf Werktagen, für den vertraglich vereinbarten Lieferzeitraum veranlasst.
Die sogenannte Marktlokationsidentifikationsnummer, kurz: MaLo-ID, ist eine elfstellige Zahl, die zum 1. Februar 2018 im deutschen Energiemarkt eingeführt worden ist, um die einzelnen Marktlokationen ganz genau zuzuordnen, die widersprüchlichen Bezeichnungen wie Zählpunkt, Lieferstelle und Messstelle zu vereinheitlichen und so die Kommunikation zwischen Energielieferanten, Netzbetreibern und Kunden zu vereinfachen. Als Bilanzkreis bezeichnet man in der Energiewirtschaft die kleinste Einheit des Energiemarktmodells: ein virtuelles Energiemengenkonto. Es dient als Ordnungsinstrument für den Strom- und Gasmarkt.
Grundsätzlich geht es dabei um ein ausgeglichenes Verhältnis einer beliebigen Anzahl von Energieeinspeisungen und Energieausspeisungen, das eine Über- beziehungsweise Unterproduktion bestmöglich verhindern und macht Energie effizient nutzbar machen soll. Ziel des Ganzen ist es, den Bilanzkreis mit Fahrplanmanagement übereinstimmend zu saldieren, damit die ins Netz eingespeiste Energiemenge der zugleich aus dem Netz entnommenen entspricht. Der Bilanzkreis erlaubt außerdem das Abwickeln von Handelsgeschäften.
7. Vertragslaufzeit, Lieferzeitraum und Kündigung
Hier wird die Vertragslaufzeit einschließlich etwaiger Verlängerungsmodalitäten bestimmt. Und auch festgelegt, wie eine Kündigung sowie außerordentliche Kündigung des Vertrags erfolgen kann. Wichtig zu wissen: Der tatsächliche Beginn der Direktvermarktung entspricht dem vom Netzbetreiber bestätigten Termin zur An- beziehungsweise Ummeldung der Marktlokations-ID in den vom Direktvermarkter gewählten Bilanzkreis. Bei Neuanlagen kann der vom Netzbetreiber mitgeteilte tatsächliche Direktvermarktungsbeginn vor dem geplanten Direktvermarktungsbeginn liegen.
8. Meldung der tatsächlichen Inbetriebnahme
Unter diesem Punkt ist vertraglich festzulegen, dass der „Kunde“ dem Netzbetreiber das tatsächliche Inbetriebnahmedatum der Erzeugungsanlage mitteilt, also die erstmalige Stromeinspeisung in
das örtliche Stromnetz. Bei Bestandsanlagen muss die Meldung unmittelbar erfolgen, bei Neubauanlagen mit einer Vorlaufzeit von mindestens drei Werktagen.
9. Kundenpflichten
Hier zählt man die Pflichten des Kunden gegenüber dem Direktvermarkter auf. Dazu gehört unter anderem die sogenannte negative Vergütung. Sie wird zum Beispiel fällig, wenn keine oder nur eine sehr geringe Einspeisung stattfand und die Vermarktungspauschale höher ist als die Erlöse aus der Direktvermarktung. Außerdem geht es um die Pflicht des Kunden, die Daten und Stammdaten zu seiner Anlage zu hinterlegen und zu aktualisieren, falls sich Änderungen ergeben. Darüber hinaus erteilt der Kunde hier auch dem Direktvermarkter gemäß § 10b Absatz 1 EEG 2021 beziehungsweise gemäß der Anlage „Erklärung zur Fernsteuerbarkeit“ die Befugnis, die jeweilige Ist-Einspeisung
jederzeit abzurufen. Er räumt ihm zudem das Recht ein, die Lastgangdaten der
Ist-Einspeisung zu archivieren. Auch die Pflicht des Kunden, seine Erzeugungsanlage mit
einer Messeinrichtung (Zähler) zu versehen, wird hier festgeschrieben.
Typische Anlagen bei einem Direktvermarktungsvertrag sind:
- Daten der Stromerzeugungsanlage, Kontaktdaten und Bankverbindung
- SEPA-Lastschriftmandat
- Vollmacht zur Bilanzkreisummeldung, Dateneinholung für die Marktkommunikation und Abfrage von Lastgangdaten
10. Unterschriften beider Vertragsparteien
Abschließend muss der Direktvermarktungsvertrag Strom von beiden Vertragsparteien unterschrieben werden.